Der Pustewind und die Kühe
Die Großeltern und Katrin sind schon früh am Morgen zum Einkaufen in die Stadt gefahren. Nun war der kleine Pustewind alleine auf dem Grundstück und begann sich zu langweilen. Es war keiner da, mit dem er etwas Lustiges erleben könnte. Wirklich keiner? Da standen doch noch die Kühe vom Nachbarn auf der Weide und die hatte er bis jetzt noch nie geärgert … na ja, er hatte es sich noch nie so richtig getraut, denn sie waren so groß und hatten so spitze Hörner.
Also, heute wollte er die Kühe mal so richtig an der Nase oder am Schwanz herumzuführen. Er wusste auch schon, wie er vorgehen wollte. Die Kühe standen und lagen auf der Weide und erzählten sich gerade die neuesten Dinge aus den Kuhnachrichten, da hörte Kuh Karla eine leise Stimme: „Hallo, Schnullerbacke.“ Karla wollte sich gerade so richtig wundern, da bekam sie – platsch – einen Kuhfladen in’s Gesicht.
„IIIIh, du siehst aber dreckig aus“, wollte Kuh Erna gerade sagen, da kleckste auch von ihrer Nase ein frischer Kuhfladen herunter. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was nun passierte.Es begann ein wildes Durcheinander auf der Weide. Da die Kühe nicht gesehen hatten, woher die Kuhfladen kamen, fingen sie an sich gegenseitig zu beschuldigen und selber mit Kuhfladen zu beschmeißen. Unser Pustewind saß hinter einer dicken Eiche am Rand der Kuhwiese und kicherte vor sich hin. Genau so hatte er sich das vorgestellt.Die Kühe sahen unterdessen fast alle aus wie wandelnde Kuhfladen und stanken ziemlich stark. Dabei rannten sie laut muhend immer im Kreis herum und knufften und schubsten sich gegenseitig.
Der Bauer hatte das Getöse vom Bauernhaus aus gehört und sofort zur Kuhweide gelaufen. Er wollte gerade über den Weidenzaun klettern um die Kühe zu beruhigen, da hatte ihn unser Pusteschlingel schon gesehen und ihm ganz leise von hinten einen Kuhfladen in den Hemdkragen gesteckt.„IIIIIh, so eine verdammte Schweiner... umpf... ääääh.“ Schweinerei wollte er sagen, da war er ausgerutscht und in eine Schlammpfütze gefallen. Er hatte sich grade aufgerappelt, da stieß ihn Kuh Karla von hinten an und er klatschte wieder zurück in die Pfütze.
Fluchend stand er wieder auf, wischte sich den Dreck von den Sachen und wollte gerade hinter Kuh Karla herlaufen um mit ihr ein ernstes Wörtchen zu reden, da kam auch schon Kuh Erna auf ihn zugerast. Er konnte gerade noch zur Seite springen und … landete schon wieder in einer Schlammpfütze.
Das Treiben auf der Kuhwiese war geraden in vollem Gange, da kamen die Großeltern und Katrin gerade aus der Stadt zurück. Etwas sehr verwundert betrachteten sie das rege Treiben auf der Weide des Bauern. Da sie ihn nicht gleich erkannten, dachten sie so bei sich, warum den der Bauer nichts dagegen unternahm, dass da ein fremder, total schmutziger und wilder Mann seine Kühe mit Kuhfladen beschmeißt und in der Gegend herumjagt.
Plötzlich war direkt über den Kühen und dem Bauern eine dunkle Wolke, aus der es anfing zu regnen.
Nun sah alles noch lustiger aus.
Die Kühe glotzten nach oben und die Kuhfladenbrühe lief ihnen die Schnauzen und am Körper herunter. Der aufgebrachte Bauer manschte in einer ziemlich großen Pfütze herum, wobei er laut vor sich hin fluchte, dabei immer wieder ausrutschte, hinfiel und noch mehr fluchte.
Die Bäuerin, die zu Hause bereits voller Ungeduld auf ihren Mann wartete, kam zur Weide, sah was da vor sich ging und war zuerst mal völlig sprachlos, bis sie die Situation erfasste und dann schallend zu lachen anfing.
Die Kühe waren völlig verwirrt. Es regnete nur da, wo sie standen und der Bauer schien völlig verrückt zu sein. Und am Weidenzaun stand die lachende Bäuerin.
Der Pustewind fing von der Eiche aus die Regenwolke mal hierhin, mal dahin zu schieben und viel Spaß an dem lustigen Treiben zu haben.
Der Bauer blieb wie angewurzelt stehen, die Bauersfrau erstarrte, denn sie hatten den für sie noch unbekannten Pustewind entdeckt. Nur Katrin und ihre Großeltern waren überhaupt nicht begeistert.
„Du Lausebengel, warte wenn du nach hause kommst!“ schimpfte Großvater. „Ich ziehe dir deine Pustewind Ohren lang!“ schimpfte die Großmutter. „Kann man dich nicht fünf Minuten alleine lassen?“ , fragte vorwurfsvoll Katrin.
Der Pustewind drehte sich erschrocken um, denn er hatte die Drei gar nicht kommen hören und total verstört war er, als alle schimpfend auf ihn einredeten. Er verkroch sich hinter die Eiche und verstand überhaupt nicht, warum alle so schimpften. In der Zwischenzeit hatte sich die Wolke verzogen und das Treiben auf der Weide beruhigte sich.
Katrin war nun die erste, die mitbekam, das es plötzlich kein Wind mehr wehte und vom Pustewind nichts mehr zu sehen war. Sie ging also los, um den Schlingel zu suchen und nun merkten auch die Andren, dass kein Lüftchen zu spüren war.
Katrin suchte und suchte und fand schließlich ihren Freund hinter der dicken Eiche. Sie setzte sich neben ihn, da sah sie die dicken Kullertränen auf seinem Gesicht und fragte: „Kannst du dir nicht vorstellen, dass bei diesem Durcheinander auch jemand hätte verletzt werden können?“
„Ach“, seufzte der Pustewind „ich wollte doch die Kühe nur ein bisschen necken, da kam plötzlich der Bauer und alles ging plötzlich durcheinander. Es hat so einen Spaß gemacht, bis ihr plötzlich anfingt zu schimpfen. Ich habe mich total erschrocken und überhaupt nicht verstanden, warum ihr so böse auf mich wart. Dann bin ich schnell hier zu meiner Eiche geflogen und habe mich versteckt.“
Katrin sah zum ersten Mal ihren Freund in einer so jämmerlichen Verfassung. Sie hatte immer geglaubt, dass ihr Pustewind nie weint, immer lustig ist und Späße treibt.
Was sollte sie also tun, um ihrem Freund einerseits zu zeigen, dass nicht alle Leute Spaß verstehen und andererseits ihn wieder aufzuheitern, damit er mit mit ihnen nach Hause kommt.
In der Zwischenzeit, und das hatte nun Katrin nicht bemerkt, waren die Großeltern bei den beiden Trauerklößen angelangt. Der Großvater hatte sich ein wenig darüber geärgert, dass er so streng zum Pustewind war. Um die ganze Situation ein bisschen aufzuheitern nahm der Großvater heimlich eine Ketchup Flasche aus der Einkaufstasche und urplötzlich den Pustewind von Oben bis Unten mit rotem Ketschup bespritzte. Erst kuckte der Pustewind komisch, dann war aber mit einem Schlag die Trauer verschwunden und alle rannten, vom Pustewind gejagt nach Hause, wo der Schlingel mit einem großen Satz in die Regentonne sprang, alle nass spritzte, und auf die Art auch gleich wieder sauber wurde.
Danach rannten alle so lange kreuz und quer durch den Garten, bis sie wieder trocken waren. Nachdem dann noch ausgiebig geduscht hatten, denn so einfach ging Ketchup auch nicht von der Haut runter, konnten sie nun endlich das Abendbrot machen.
Bis spät in die Nacht saßen sie dann im Garten und redeten über das Erlebte vom Tag. Man konnte die Stimmen und das Gelächter bis zum Bauernhof hören.
Im Bauernhaus saß der Bauer in der Badewanne und wurde von seiner Frau abgeschrubbt, denn er war ganz schön schmutzig und stank ziemlich schlimm. Er erzählte während der Schrubberei seiner Frau voller Empörung die ganze Geschichte. Die fand das Ganze jedoch nicht schlimm, sondern ziemlich witzig, fing an zu lachen, verlor das Gleichgewicht und plumpste zu ihrem Mann in die Badewanne. Der Bauer erschrak zuerst, dann lachte er auch und gab seiner Frau einen Kuss.
Um sich bei dem Bauern für das Durcheinander zu entschuldigen, luden die Großeltern ihn und seine Frau zu einem kleinen Gartenfest ein.
Als der Pustewind den Bauern sah, verkroch er sich schnell im Haus. Der Großvater erzählte dem Bauern, wie er zu dem kleinen Schlingel kam und welche Streiche er schon gespielt hat. Er sagte aber auch, dass der kleine Kerl noch sehr jung ist und noch keine große Erfahrung sammeln konnte. Er hat auch noch nie einen boshaften, bösen Scherz gemacht, bei dem jemand zu Schaden gekommen ist.
Der Pustewind hatte die Erzählung des Großvaters vom Haus aus belauscht. Der Großvater hatte das natürlich bemerkt und ihn gebeten, sich jetzt noch einmal persönlich beim Bauern zu entschuldigen.
Der Bauer, der den Kleinen jetzt zum ersten Mal ganz aus der Nähe sah, bekam ein weiches Herz und knuddelte ihn.
Und das war eine neue Geschichte vom Pustewind.
Euer Geschichtenpapi